* 6. Juni 1924
† 12. November 2008
von Peter Jost
Essay
Zur Periodisierung des SchaffensDer Wechsel ästhetischer Positionen, der Niggs Laufbahn bis weit in die 1950er-Jahre geprägt hat, war keineswegs untypisch für die jüngeren französischen Komponisten in der Nachkriegszeit. Außergewöhnlich sind vielmehr die Schroffheit und das Unvermittelte dieser Wechsel sowie die Vehemenz, mit der Nigg seine jeweils aktuellen Überzeugungen öffentlich äußerte und gegen Einsprüche verteidigte. Im Rückblick begründete er den langen Weg zu seinem individuellen Stil mit seiner Persönlichkeit: »Manchmal dauert es sehr lange, bis man seine wahre künstlerische Natur entdeckt. Unter den Komponisten meiner Generation gehöre ich zu denen, die am stärksten experimentiert haben« (Nigg 1957, 245). So bereitwillig er einer Theorie folgte, wenn sie ihm einleuchtend erschien, so rasch gab er sie auch wieder auf, wenn er in der Praxis Widersprüche zu dem wahrnahm, was er später (wie erwähnt) als »seine wahre künstlerische Natur« bezeichnete. Insofern verlief seine Hinwendung zu bestimmten Tendenzen und Strömungen, die in der Pariser Nachkriegszeit miteinander konkurrierten, jenseits von jeder oberflächlichen Mode oder gar dem bloßen Publikumsgeschmack. Nicht ohne Stolz äußerte Nigg zu einer Zeit, als er von Publikum und Kritik als seriöser Komponist längst anerkannt war: »Ich schreibe das, was ich glaube ...